Gelebte Musik am LMG

Eine Chemielehrerin schreibt über Musik… seid gespannt!

Ziemlich geräuschlos, jedenfalls für mich, tauchten viele polnische Schüler am LMG auf. So ungewöhnlich jetzt auch nicht, wenn man an die vielen Vor-Corona-Austausche denkt. Am Freitag, also schon kurz vor der Abreise am Montag, sah ich zwei unbekannte, aufgeweckte Gesichter in der hintersten Reihe im Chemie-Hörsaal 116 im Unterricht Klasse 9 – eindeutig zu neugierig und etwas zu alt (?) für Klasse 9. Dazu muss man wissen, dass Chemie in Klasse 9 nichts für schwache Gemüter ist – es stand zudem eine Art Test an: Aufgaben sollten eigenständig gelöst und benotet werden. Langweilig.

Die LMG-Schüler gingen routiniert desillusioniert die Aufgaben an. Es blieben weiterhin zwei fröhliche Augenpaare auf mich gerichtet. Die Vorstellung, dass zwei polnische Schüler vom naturwissenschaftlichen Unterricht am LMG nur Stillarbeit von bleichen, etwas panischen Schülerinnen und Schülern erleben sollten, war nicht akzeptabel. Also mussten Experimente her: Schnell ein paar Geräte und Chemikalien aus den angrenzenden Sammlungen herbeigeschafft, die polnischen Schüler nach vorn gelockt - kurz abgeklärt, dass wir uns mit Worten wirklich nicht verstehen können - und los ging’s: Mit Brausetabletten das CO2-Kohlensäure-Gleichgewicht bei unterschiedlich warmem Wasser mit schönen Indikatorfarben gezeigt und erklärt; unedle Metalle mit Säure zersetzt; Seifenblasen mit Wasserstoff knallend entzündet und zum Schluss die Explosion eines Wasserstoff-Luftballons! 

Die zunächst zögerlichen polnischen Schüler folgten meinen Anweisungen und hatten zunehmend mehr Spaß; auch die Schutzkleidung wurde bei den Säuren wie selbstverständlich angezogen, einschließlich „Taucherbrille“, und dann ließen sie fröhlich den Wasserstoff explodieren. Herrlich, ihre zunehmende Begeisterung in den Augen… Mit der Stillarbeit war es ehrlicherweise früh vorbei: die LMG-Schüler waren als Dolmetscher und interessierte Zuschauer gefordert, zudem filmten sie auf Wunsch der polnischen Schüler das Luftballon-Finale mit dem Handy. Das Stundenende kam viel zu schnell, die beiden Schüler bedankten sich - tolle Geste - und flitzten in die Aula.

Es stellte sich später heraus, dass der Chemieunterricht in Polen weniger experimentell abläuft und solche Versuche hatten die polnischen Schüler – obwohl in der Abschlussklasse – noch nie selbst gemacht bzw. machen dürfen. Zeit wird es!

Gegen 15 Uhr – eigentlich schon auf dem Weg nach Hause - bemerkte ich wundersame Klänge im Treppenhaus. Erfreulicherweise erklingt bei uns ja öfter mal schöne Musik, aber so etwas? Wunderschön, wirklich wunderschön… Gleich noch herumirrende Kollegen geschnappt und an die offene Tür der Aula gestellt – und die Zeit vergessen. Unglaublich, dass Schüler so musizieren können. Ich entdeckte meine beiden Chemie-Schüler und mir lief es kalt den Rücken herab: Was wenn bei den Wasserstoffversuchen ihre Hände verletzt worden wären??? Nicht auszudenken - vielleicht war ihr Chemieunterricht deshalb etwas weniger explosiv…

 

Ja, Frau Herbig – wirklich, alles richtig gemacht, dieser Austausch ist ein Gewinn in jeder Hinsicht! Leider war nach 15 Minuten der Hörgenuss vorbei und ich flitzte schnell nach Hause, um den genervten Familienmitgliedern zu verkünden, dass es am Samstag auf jedem Fall zum Schülerkonzert nach Hamburg geht.

Leider hatten wir gerade für den Samstag Hans Zimmer-Konzertkarten und dies kollidierte terminlich ein wenig - man könnte auch sagen, es passierte zeitgleich - aber Schnickschnack, unter dauerhaftem Gemeckere ging es zunächst zum Schülerkonzert. Leider mussten wir dann aber vernünftigerweise bereits nach der Hälfte gehen und dies zum Bedauern aller!!! – Hurra! Ziel erreicht: Wir erlebten ein tolles, sehr gut besuchtes Schülerkonzert mit wunderbarer Musik - perfekt.

Abschließend bleibt nur noch zu schreiben, dass die polnischen Schüler einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben: zwischenmenschlich und musikalisch -  Spitzenklasse. Diesen Austausch gilt es auf jeden Fall zu wiederholen, zumal ich ja gern noch ein ganzes Konzert erleben möchte…

S. Odya